Mängelware Wohnung: Das Altenburger Land hat ein Altersproblem – beim Wohnen. Rund 35.600 Wohnungen sind vor 1970 gebaut worden und haben damit 55 Jahre oder mehr auf dem Buckel. Das sind immerhin 65 Prozent aller Wohnungen im Landkreis Altenburger Land. Ein Großteil der Altbauwohnungen braucht dringend eine Sanierung. Das geht aus der aktuellen regionalen Wohnungsmarkt-Untersuchung hervor, die das Pestel-Institut gemacht hat. Die Wissenschaftler haben dabei den Wohnungsbestand und die Bevölkerungsentwicklung sowie den Arbeitsmarkt und die Beschäftigung im Landkreis Altenburger Land analysiert.
„Vom Arbeitskräftebedarf über die Geburten bis zu den Sterbefällen: Es wird sich im Landkreis Altenburger Land eine Menge tun – und auf dem Wohnungsmarkt tun müssen. Die Zahl der Haushalte wird in den nächsten 15 Jahren um rund 4.100 zurückgehen – ein Minus von 9 Prozent gegenüber heute. Zwar werden damit rein statistisch erst einmal Wohnungen frei. Das bedeutet aber nicht, dass auf dem Wohnungsmarkt im Altenburger Land nichts passieren muss“, sagt Matthias Günther vom Pestel-Institut. Im Gegenteil: Das Altenburger Land brauche dringend eine Menge gründlich sanierter Wohnungen.
„Denn wer künftig im Handwerk oder in der Pflege arbeiten soll, muss natürlich auch wohnen – und zwar nicht irgendwie, sondern vernünftig und bezahlbar“, so Günther. Sonst werde es nicht gelingen, Arbeitskräfte in das Altenburger Land zu holen. Genau die würden aber dringend gebraucht. „Je mehr Menschen in Rente gehen, desto mehr Wohnungen sind nötig: für neue Arbeitskräfte. Und außerdem natürlich seniorengerechte Wohnungen für die ‚neuen Alten‘ im Altenburger Land“, macht Matthias Günther deutlich.
Der Chef-Ökonom des Pestel-Instituts hat dazu konkrete Berechnungen: So wird die Zahl der Erwerbsfähigen in den nächsten 15 Jahren im Landkreis Altenburger Land um rund 24 Prozent auf dann nur noch 37.000 Menschen zurückgehen. Gleichzeitig werden nach Angaben des Pestel-Instituts 2040 rund 26.200 Menschen im Rentenalter sein – rund 37 Prozent der gesamten Bevölkerung im Landkreis Altenburger Land.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass – neben der Sanierung – auch der Neubau von Wohnungen im Landkreis Altenburger Land weitergehen muss: „6.300 Wohnungen stehen seit einem Jahr oder länger leer. Bei den meisten macht es wirtschaftlich aber keinen Sinn mehr, sie zu sanieren“, sagt Matthias Günther. Da kämen dann nur der Abriss und ein anschließender Neubau in Frage.
„Allerdings laufen das Sanieren und der Neubau von Wohnungen im Landkreis Altenburger Land gerade nur mit angezogener Handbremse. Da muss vor allem bundespolitisch mehr passieren, um den Wohnungsbau wieder anzukurbeln. Und das möglichst schnell“, so Matthias Günther.
Dabei gibt es für den Leiter des Pestel-Instituts vor allem ein effektives Instrument, das den Wohnungsbau auch im Landkreis Altenburger Land flott in Fahrt bringen würde: „Dringend notwendig ist günstiges Baugeld. Der Bund muss ein Zins-Programm auflegen: Maximal 2 Prozent Zinsen – teurer darf die Finanzierung beim Wohnungsbau nicht sein. Dann wären deutlich mehr private Hausbesitzer und Bauherren, aber auch Investoren endlich wieder in der Lage, Altbauten zu sanieren und neue Wohnungen im Altenburger Land zu bauen. Vor allem würde das schnell einen Effekt bringen: Mit einem Niedrigzins-Baugeld würde der Bund einen wirklichen Turbo für den Wohnungsbau starten“, ist der Chef-Ökonom des Pestel-Instituts überzeugt.
Die Wissenschaftler haben die regionale Wohnungsmarkt-Analyse im Auftrag des Bundesverbandes Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) durchgeführt. Dessen Präsidentin fehlen klare Signale – Anreize, die kurzfristig wirken: „In Sachen Wohnungsbau passiert bei der neuen Bundesregierung zu wenig. Nur das Schlagwort ‚Wohnungsbau-Turbo‘ geistert seit Monaten durch die Republik. Doch von einem ‚Turbo‘ kann keine Rede sein. Die Maßnahmen wirken nur mittel- bis langfristig. Jedenfalls ist von dem versprochenen ‚Turbo-Effekt‘ im Landkreis Altenburger Land und auch sonst nirgendwo etwas zu merken“, sagt Katharina Metzger. Selbst da, wo es ein Plus bei den Baugenehmigungen gebe, passiere dies auf „denkbar niedrigem Niveau“.
Dabei sei der Wohnungsbau ein wichtiger Motor der Binnenkonjunktur: „Ohne den Wohnungsbau wird auch die Wirtschaft nicht in Gang kommen. Deshalb ist es höchste Zeit, dass Bundeskanzler Merz den Wohnungsbau jetzt zur Chefsache macht“, fordert die Präsidentin des Baustoff-Fachhandels. Passiere nichts, dann sacke der Neubau weiter ab. Schon jetzt verliere der Bau Tag für Tag Kapazitäten: „Bauunternehmen gehen in die Insolvenz. Bauarbeiter verlieren ihre Jobs“, so Metzger.
Außerdem sei das Bauen zu kompliziert und zu teuer geworden, kritisiert der Baustoff-Fachhandel. Ein Punkt, den auch das Pestel-Institut unterstreicht: „Deutschland muss dringend wieder einfacher bauen. Wenn der Bund alle Auflagen und Vorschriften der letzten zehn Jahre komplett zurücknehmen würde, dann könnten im Altenburger Land ziemlich schnell wieder deutlich mehr Wohnungen saniert und auch neu gebaut werden. Und zwar Wohnungen mit einem guten Standard. Manchmal ist weniger eben mehr“, sagt Matthias Günther.
Der Chef des Pestel-Instituts wirft dem Bund vor, dem Wohnungsbau „zehn Jahre lang durch immer schärfere Gesetze und Verordnungen viel unnötigen Ballast zugemutet zu haben“. Das habe die Kosten im Wohnungsbau regelrecht nach oben getrieben, so der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel. „Vor allem völlig überzogene Energiespar-Auflagen beim Neubau und bei Sanierungen haben unterm Strich für die Umwelt wenig gebracht, das Wohnen aber enorm viel teurer gemacht“, sagt BDB-Präsidentin Katharina Metzger.
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