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Erziehung und Emanzipation - Die verborgene Welt des Altenburger Magdalenenstifts | Hofansicht des Altenburger Magdalenenstifts, Sammlung Reinhild von Capitaine, 1935

Hofansicht des Altenburger Magdalenenstifts, Sammlung Reinhild von Capitaine, 1935 (Foto: Lindenau-Museum Altenburg)

Erziehung und Emanzipation - Die verborgene Welt des Altenburger Magdalenenstifts

Kunst, Kultur & Freizeit
19.06.2025, 13:35 Uhr
Von: Steven Ritter, Altenburger Museen
Das Altenburger Magdalenenstift – vom Witwensitz zur Mädchenschule

Mit der Sonderausstellung „Erziehung und Emanzipation – Die verborgene Welt des Altenburger Magdalenenstifts“ wird erstmals die Geschichte des Altenburger Frauenstifts für adlige Mädchen museal aufgearbeitet. Dabei wird neben der Historie, ausgehend vom Witwensitz hin zur Mädchenschule, auch die Lebensrealität in der evangelisch geprägten Bildungseinrichtung beleuchtet. Neben bisher unveröffentlichten Fotografien sind in der Ausstellung auch zahlreiche Objekte zu sehen, die den früheren Stiftsalltag eindrucksvoll illustrieren.

Das Altenburger Magdalenenstift feiert in diesem Jahr ein kleines Jubiläum: Vor 320 Jahren, im Jahre 1705, wurde auf Betreiben der Lutheranerin Henriette Catharina von Gersdorff das evangelisch-lutherische Frauenstift feierlich eingeweiht. Seinen heutigen Namen hat es indes Herzogin Magdalena Sibylla von Sachsen-Altenburg zu verdanken. Ihr sollte der Gebäudekomplex ursprünglich als Witwensitz dienen.

Die Einrichtung nahm adlige, verwaiste, mittellose oder aufgrund ihres evangelischen Glaubens heimatlose Mädchen ab dem achten Lebensjahr auf und bildete sie bis zum 17. Lebensjahr aus. Diese Ausbildung wurde von Stiftspfarrern, Lehrkräften aus Altenburg und Damen höheren Standes übernommen.

Die pietistisch geprägte Lehre August Hermann Franckes bildete die Grundlage für die Ausbildung am Magdalenenstift. Sie war geprägt von religiöser Unterweisung in Verbindung mit anderen Wissensbereichen. Unter strenger Disziplin wurden zudem Werte wie Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein sowie Fleiß vermittelt. Im Laufe der Jahrhunderte wurde der Erziehungsstil um weitere Facetten ergänzt, ohne jedoch seinen bewahrenden Charakter zu verlieren.

Die weltpolitischen Ereignisse des 18. und 19. Jahrhunderts zogen am Altenburger Magdalenenstift weitestgehend vorüber. Auch das Revolutionsjahr 1848 beeinträchtigte die Einrichtung kaum. Zu größeren Umwälzungen im Betrieb der Institution kam es erst im 20. Jahrhundert. So wurden die Schulklassen in der Zeit des Nationalsozialismus aufgelöst, und 1939 die Genehmigung für den Schulbetrieb entzogen. 1944 folgte die Anordnung zur Schließung des Internats. Obschon die Stiftung bestehen blieb, zog die Deutsche Heimschule in die Räumlichkeiten ein. Die Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg gestaltete sich wechselhaft: 1946 fand die Altenburger Bibelgesellschaft einen Platz im Stift, ab 1948 auch ein Seminar zur Ausbildung von Katechetinnen, das bis 1960 bestand. Die Bibelgesellschaft wurde 1992 aufgelöst. 1958 fand ein Kindergarten eine Heimstätte im Stift, 1961 ein Blindenheim. 1970 entzog die DDR dem Stift endgültig die Verantwortung für die christliche Erziehung, woraufhin das Internat geschlossen und die letzte Pröpstin zwei Jahre später verabschiedet wurde.

Heute ist das Altenburger Magdalenenstift ein Sozialzentrum, das ein umfangreiches Spektrum diakonischer und sozialer Aufgaben abdeckt.
 

Erste Ausstellung zum Altenburger Magdalenenstift

Die Ausstellung des Schloss- und Spielkartenmuseums Altenburg hat den Anspruch, die Lebensrealität in der Mädchenschule abzubilden. Dafür wurden im Vorfeld der Ausstellung umfangreiche Archivbestände durchgesehen und bisher nicht gekanntes Fotomaterial gesichtet. Exponate aus diesen umfangreichen Recherchen sind in Gestalt von Objekten, Dokumenten oder Fotografien in die Ausstellung eingeflossen.
 

Im Zuge dessen wurden auch die Lebensläufe einzelner Schülerinnen ersichtlich, die auf besonderes Interesse stießen. Die in alle Richtungen verlaufenden Lebensbahnen der einst im Magdalenenstift unterrichteten adligen Mädchen wurden somit in den Mittelpunkt der Ausstellung gerückt. Unter ihnen befinden sich Anna von Bonin, Annemarie von Nathusius, Franziska zu Reventlow, Maria von Thadden, Erika von Watzdorf-Bachoff und Maria von Wedemeyer. 

Anhand ihrer Biografien lassen sich insbesondere die persönlichen Umstände des Lebens im Stift illustrieren, wie auch ihr späterer gesellschaftlicher bzw. beruflicher Werdegang.

1. Klasse mit Klassenlehrerin Anna von Nickisch, Schloss- und Spielkartenmuseum Altenburg (Foto: Lindenau-Museum Altenburg)

Diesen persönlichen Einblicken in das Leben früherer Schülerinnen wird ein umfangreicher historischer Abriss zum Altenburger Magdalenenstift gegenübergestellt. Anhand unterschiedlichster Exponate wird die Geschichte der Einrichtung nacherzählt. Ergänzend dazu werden Objekte wie Kleider der Stiftsmädchen zu sehen sein oder ein Spind, der zur Aufbewahrung persönlicher Habseligkeiten diente. Sie vermitteln ein Bild vom Leben und Alltag im Stift. In diesem Zusammenhang wird auch ein Blick auf die „Counterparts“ der Stiftsmädchen, die Pröpstinnen, geworfen. Als „Mütter“ bestimmten sie das Leben und Zusammenleben in der Einrichtung ganz maßgeblich, definierten den Lehrplan, stellten Lehrkräfte ein und kümmerten sich um die Ausstattung der Schule.

Darüber hinaus werden in der Ausstellung schlaglichtartig regionalgeschichtliche Ereignisse mit der Geschichte des Stifts verknüpft – so beispielsweise die Stationierung preußischer Truppen in Altenburg zum 100. Jubiläum des Stifts 1805 infolge der Koalitionskriege gegen Napoleon oder die Auslagerung des Unterrichts in das Schloss aufgrund biwakierender französischer Soldaten beim Durchmarsch 1813.

Die Ausstellung „Erziehung und Emanzipation“ erlaubt damit erstmals einen unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten und musealer Aufbereitung realisierten Einblick in die mehr als 300 Jahre Geschichte des Altenburger Magdalenenstifts – einer fest in Altenburg verankerten Institution.

Irene von Pachelbl-Gehag, Sammlung Reinhild von Capitaine, 1900 (Foto: Lindenau-Museum Altenburg)

Ein Ergebnis intensiver Zusammenarbeit

Für die Ausstellung „Erziehung und Emanzipation“ konnte eine Vielzahl an (bisher nicht gezeigten) Exponaten – von historischen Fotografien über Dokumente bis hin zu Objekten – zusammengetragen werden. Ganz maßgeblichen Anteil daran hat Reinhild von Capitaine, selbst ehemaliges Stiftsmädchen, die dem Schloss- und Spielkartenmuseum ihre Sammlung übereignet hat und mit eigenen Untersuchungen ein wissenschaftliches Fundament zur Ausstellung geschaffen hat. Die Forschungsarbeit der Altenburger Museen erstreckte sich zudem über die reichen Bestände des Landesarchivs Thüringen – Staatsarchiv Altenburg sowie des Stadtarchivs. Schlussendlich wurden durch den regen Austausch mit der Stiftung Evangelisch-Lutherisches Magdalenenstift Altenburg weitere wichtige Erkenntnisse zur Geschichte der Einrichtung gewonnen, die nun der Öffentlichkeit präsentiert werden. Zudem konnten herausragende Exponate von der Stiftung ausgeliehen werden, welche die Ausstellung bereichern.
 

Programm zur Ausstellung

Sonntag, 22. Juni 2025, 15 Uhr
Ausstellungseröffnung
im Festsaal des Residenzschlosses Altenburg

 

Donnerstags: 10. Juli, 14. August, 11. September, 9. Oktober, jeweils 18 Uhr
Sonntags: 27. Juli, 31. August, 28. September 2025, jeweils 14 Uhr
Öffentliche Führungen durch die Ausstellung
Treffpunkt: Kasse im Schloss- und Spielkartenmuseum Altenburg
3 € p. P.

 

Mi, 16.7.2025, 18–20 Uhr
Werkstatt am Abend für Erwachsene
Erinnerung + Wein: Ein Fotoalbum binden
mit den Kulturvermittlerinnen der Altenburger Museen
Treffpunkt: Kasse im Residenzschloss
8 € p. P. (ein Glas Wein inkl.)
mit Anmeldung

 

Fr, 1. August 2025, 19 Uhr
Lesung und Konzert: Brautbriefe aus Zelle 92
Ein Briefwechsel von Pastor Dietrich Bonhoeffer mit seiner Verlobten Maria von Wedemeyer.
Es lesen die Schauspielerin und Regisseurin Maria von Bismarck sowie der Autor und Regisseur Prof. Eberhard Görner in Begleitung des Frauenkirchenkantors Matthias Grünert an der Trost-Orgel in der Schlosskirche.
15/10 € regulär/ermäßigt
Kartenvorverkauf: Kasse im Residenz­schloss; Tourismusinformation Altenburger Land, Markt 10

 

Fr, 22. August 2025, 18 Uhr
Filmabend mit Ausstellungsbesichtigung: Mädchen in Uniform
Spielfilm von 1958 mit Romy Schneider und Lilli Palmer
15/10 € regulär/ermäßigt
Kartenvorverkauf: Kasse im Residenz­schloss; Tourismusinformation Altenburger Land, Markt 10

 

So, 14. September 2025, 14–17 Uhr
Offene Werkstatt: Familienwappen
Gestaltet euer eigenes Familienwappen mit Tier- und Pflanzensymbolen wie einst die Familien der Stiftskinder vor über 300 Jahren! Malt es auf Holz und nehmt es euch mit nach Hause.
mit Susann Schade (Bildhauerin) und Julia Penndorf (Grafikerin)
Treffpunkt: Agnesgarten im Residenzschloss;
5/3 € Erwachsene/Kinder

 

Mi, 22. Oktober 2025, 18–20 Uhr
Werkstatt am Abend für Erwachsene
Kalligrafie + Wein: mit Tinte schön schreiben
Nach einem gemeinsamen Ausstellungsrundgang tauchen wir in die Kunst der Kalligrafie und des Letterings ein.
mit den Kulturvermittlerinnen der Altenburger Museen
Treffpunkt: Kasse im Residenzschloss
8 € p. P. (ein Glas Wein inkl.)
mit Anmeldung
 

Angebote für Schulklassen

120 Min., ab Klasse 3
Wow, mein Wappen!
Lass dich von den Familienwappen der adligen Mädchen im Magdalenenstift inspirieren! Nach einem gemeinsamen Rundgang durch die Ausstellung werden wir selbst kreativ und entwerfen unsere persönlichen Wappen. Wir überlegen, welche Interessen und Eigenschaften uns prägen und wählen ein Lieblingstier, das vielleicht Stärke, Freiheit oder Treue symbolisiert!
 

120 Min., ab Klasse 5
Die Kunst des Erinnerns – Ein Fotoalbum wie früher
Nach einem gemeinsamen Rundgang durch die Ausstellung gestalten wir ein Fotoalbum im Stil der Alben der Stifts­mädchen. Lasst euch von deren Tradition inspirieren! Wir benutzen verschiedene Gestaltungselemente, um unsere Alben individuell zu verzieren. Bring eigene Fotos mit und ergänze sie mit persönlichen Notizen.
 

60–90 Min., ab Klasse 10
Die Stimme erheben: Emanzipation und Freiheit!
In der Ausstellung erkunden wir gemeinsam die Themen Freiheit und Demokratie und die Geschichte der Frauenemanzipation. Wir beginnen mit der Rolle der Stiftsmädchen im 18. und 19. Jahrhundert und betrachten, welche bedeutenden Beiträge zur Frauenbewegung und Demokratie sie geleistet haben. Im Austausch erfahren wir, was Freiheit und Widerstand für uns heute bedeuten.
 

Anmeldungen telefonisch unter 03447 8955-451/-453 oder via E-Mail an studio@altenburger-museen.de
 

Katalog zur Ausstellung

Zur Ausstellung „Erziehung und Emanzipation – Die verborgene Geschichte des Altenburger Magdalenenstifts“ erscheint ein Katalog im Jonas Verlag der von Dr. Roland Krischke, Direktor der Altenburger Museen, für das Schloss- und Spielkartenmuseum Altenburg herausgegeben wurde.

Mit Texten von Jutta Koslowski, Toni Janosch Krause, Roland Krischke, Vincent Rudolf, Karoline Schmidt, Uwe Strömsdörfer und Irene Wellershoff.

Weitere Informationen zum Katalog: 120 Seiten, 73 Abbildungen

Verlagspreis: 28 EUR

ISBN 978-3-89739-999-0
 

Allgemeine Informationen zur Ausstellung

24. Juni bis 26. Oktober 2025
Erziehung und Emanzipation – Die verborgene Geschichte des Altenburger Magdalenenstifts
Sonderausstellung des Schloss- und Spielkartenmuseums im Residenzschloss Altenburg

Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag, an Feiertagen
10 bis 17 Uhr

Eintritt: 8 € / 6 € (ermäßigt)
Der Zugang zu den Ausstellungsräumen ist nicht barrierefrei.

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