Mit der Pubertät beginnt für Jugendliche und Eltern eine Gefühlsodyssee. Dr. med. Melanie Volkmer von der Knappschaft-Bahn-See gibt einige Ratschläge, wie die schwierige Übergangsphase gut bewältigt werden kann.
Der neue Lebensabschnitt ist von Unsicherheit und Belastung geprägt. Die Pubertät, gesteuert von Hirnanhangdrüse und Hypothalamus, schlägt kräftig aufs Gemüt. „Diese Phase des Heranreifens setzt immer früher ein“, weiß Dr. Volkmer, stellvertretende Leiterin des Sozialmedizinischen Dienstes der Knappschaft-Bahn-See in Bad Homburg. Bei Mädchen sei das klar belegt. Generell gleiten diese deutlich früher in die Pubertät. Jungen erreichen die Schwelle in der Regel ein bis anderthalb Jahre später. Umstritten ist der psychologische Einfluss der elektronischen Medien auf den Pubertätsbeginn. Bilderflut und Reize vor allem auch in den sozialen Netzwerken konfrontierten Kinder immer früher mit Thematiken, die womöglich noch nicht ihrem Entwicklungsstand entsprächen, ergänzt Ärztin Volkmer.
Das Zeitfenster für den Beginn der Pubertät beträgt mehr als vier Jahre. Neben genetischen sind auch körperliche Faktoren und Stresshormone dafür verantwortlich, wann der Prozess beginnt. „Bei Mädchen setzt dieser mittlerweile auch schon mal vor dem 9. Lebensjahr ein, spätestens zumeist mit 13“, berichtet die Gesundheitsexpertin. Die Geschlechtsmerkmale werden ausgeprägter, Jugendliche entdecken die Sexualität. Plötzlich schießen plötzlich Pusteln und Pickel. Dr. Volkmer: „Rund 85 Prozent der Jugendlichen leiden in dieser Phase unter Akne." Die Zeit der Identitätssuche und Selbstfindung wird von heftigen Stimmungsschwankungen begleitet. „In der Pubertät verändert sich das Verhalten der Kinder drastisch, Konflikte mit den Eltern sind programmiert. Kinder fühlen sich häufig unverstanden und testen ihre Grenzen aus. Doch auch wenn sich diese Phase über mehrere Jahre erstrecken kann, sollte der Umbruch nicht nur als Krisenzeit, sondern als Aufbruch in einen neuen Lebensabschnitt und zu mehr Verantwortungsbewusstsein verstanden werden“, rät Dr. med. Melanie Volkmer, Sozialmedizinerin der Knappschaft-Bahn-See.
Der Reifeprozess im Kopf schürt das Konfliktpotenzial mit den Eltern. Jugendliche machen sich nun mehr Gedanken um ihr Leben, hinterfragen Autoritäten und Umwelt. Wenn die Kinderwelt zerfällt und das Erwachsenwerden auf sich warten lässt, hängt schnell der Haussegen schief. „Türen knallen. Es gibt Trotz und Tränen", weiß Volkmer. „Die Teenager suchen den offenen Streit oder ziehen sich komplett zurück“, beobachtet die Medizinerin. „Während Mädchen dazu neigen, Wut und Aggressionen innerlich zu verarbeiten, schlagen Jungen zumeist den Konfrontationskurs ein und reagieren gereizt, impulsiv und provokant“, notiert die Gesundheitsexpertin. Jungen haben oft viel Energie, die sie loswerden müssen. Still zu sitzen fällt ihnen schwer. Speziell Jungen testen in dieser Phase auch anderweitig ihre Grenzen, etwa durch Alkohol- und Drogenkonsum. „Sie neigen zudem öfter als Mädchen zu Computerspielen und flüchten so in Scheinwelten. Darunter leiden dann häufiger auch Schulleistungen“, ergänzt die Sozialmedizinerin.
Für Mädchen ist der steinige Weg zum weiblichen Teenager oft eine Konfrontation mit Schönheitsidealen. Im Alter von 13 bis 15 Jahren ist die Vorstellung, wie sie von anderen gesehen werden, vorherrschend. Vielfach schminken und stylen sie sich, um sich als sexuell attraktiv zu präsentieren. Dazu gesellen sich mitunter Liebeskummer und ein Machtkampf mit der Mutter.
Die KNAPPSCHAFT rät Eltern darüber hinaus zu den wichtigen Vorsorgeuntersuchungen. Bei der Jugenduntersuchung J1 im Alter von 13 oder 14 Jahren stehen neben dem Gesundheits-Check auch das Thema Pubertät sowie Schulentwicklung und Drogenkonsum im Fokus - der Arzt bietet sich den Jugendlichen als vertrauensvoller Ansprechpartner an. Die Teenager können selbst entscheiden, ob die Eltern dabei sind. Gleiches gilt für die freiwillige J 2 im Alter von 16 und 17 Jahren, bei der die KNAPPSCHAFT ebenfalls die Kosten trägt.
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