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Interview mit Komponist Steffen Schleiermacher | Rebecca Anlauf und Steffen Schleiermacher

Rebecca Anlauf und Steffen Schleiermacher (Foto: Liubov Morozova)

Interview mit Komponist Steffen Schleiermacher

Kunst, Kultur & Freizeit
03.03.2023, 16:42 Uhr
Von: Theater Altenburg Gera gGmbH
„Die Wertung muss jedem selbst überlassen sein. Entweder das Stück entfaltet eine Wirkung oder auch nicht“

Im 6. Philharmonischen Konzert des Theaters Altenburg Gera steht die Uraufführung „Umbra Vitae“ für Bariton und Orchester von Steffen Schleiermacher auf dem Programm. Über die Entstehung der Komposition sprach Rebecca Anlauf mit dem Komponisten.

Herr Schleiermacher, Sie haben bereits mehrere Stücke komponiert, die sich mit expressionistischen Texten befassen. Für Ihr neues Werk „Umbra Vitae“, das in Gera und Altenburg erklingen wird, haben Sie sich mit Gedichten von Georg Heym auseinandergesetzt. Was fasziniert und inspiriert Sie an der Epoche?

Vieles. Zum einen die Aufbruchsstimmung dieser Zeit, der Bruch mit der Tradition und der Wunsch der Künstler, sich selber auszudrücken und nicht Formmodellen zu folgen.

Ein zweiter Punkt ist der depressive Ton. Der Expressionismus ist eine Vorkriegskunst und eine Endzeitstimmung. Mein Stück ist ja lange vor dem Ukraine-Krieg komponiert worden, aber es passt irgendwie in diese Zeit ‒ auf eine merkwürdige Art und Weise.

Dann hat mich auch Georg Heym fasziniert. Ich lese seine Gedichte und das ist für mich bereits Musik. Ich muss dann nur noch die Musik, die da schon drin ist, drumherum schreiben.

Wie verlief die ldeenfindung zu Ihrem Werk?

Als ich den Auftrag vom Theater Altenburg Gera bekam, ein Stück zu komponieren, war von Anfang an klar: Es soll ein Stück für Gesang und Orchester werden. Da stellt sich sofort für mich die Fachfrage: Welchen Text möchte ich musikalisch zum Erklingen bringen? Ich komponiere nie zuerst und suche dann den Text aus. Also musste ich den Text suchen. Weil ich wusste, wer singt, habe ich kurz überlegt, einen spanischen Text auszuwählen. Aber ich verstehe die Sprache selber nicht. Deshalb habe ich die Idee verworfen. Also habe ich wieder in mein Bücherregal geschaut und blieb sinnend vor meiner expressionistischen Sammlung stehen. Da kam Georg Heym ins Spiel. Nachdem ich die Gedichte „Die Stadt“, „Die Nacht“, „Nacht“ und „Träumerei in Hellblau“ ausgewählt hatte, habe mit dem Komponieren angefangen.

Wonach haben Sie die Texte dann ausgesucht? Einfach nach Gefühl?

Ja. Es ging darum: Was spricht mich an? Welche Bilder sprechen mich an? Und welche Themen? Bei dem ersten Gedicht „Die Stadt“ z.B. geht es um die Angst vor der Stadt, ein ganz großes Thema damals. Diese Einsamkeit in der Großstadt und die Bilder, die Heym dafür gefunden hat, das hat mich irgendwie fasziniert. Die Wahl der Texte war aber ein langer Prozess. Am Anfang waren es sehr viele, dann flogen manche raus, dann flogen sie wieder rein usw.

Die Komposition selbst ist ja nun schon einige Jahre her, weil die ursprünglich geplante Aufführung genau in die Corona-Zeit fiel. Wie ist das für Sie, dass Sie das Stück erst nach drei Jahren zur Uraufführung bringen können?

Schön. Ich hatte gar nicht mehr damit gerechnet. Es ist immer interessant, mit einem gewissen Abstand auf eigene Partituren zu schauen. Weil man vergisst, was einem im Detail durch den Kopf gegangen ist. Deshalb ist das fast schon, wie ein Stück eines anderen Komponisten anzuhören, zu dem man zwar eine bestimmte Beziehung hat, aber das jetzt eben fertig ist.

Was würden Sie gerne Menschen mit auf den Weg geben, die das Stück zum ersten Mal hören?

Das bleibt völlig offen. Die Wertung muss jedem selbst überlassen sein. Entweder das Stück entfaltet eine Wirkung – welche auch immer – oder auch nicht.  Es gibt keine Absurditäten in dem Stück. Das ist ganz normales Zeug. Für meine Verhältnisse sehr romantisch. Entscheidend ist: Das Stück setzt keine Spezialkenntnisse voraus. Wer Musik liebt, wird das auch lieben.

Die Uraufführung von Steffen Schleiermachers Szenen für Bariton und Orchester „Umbra Vitae“ ist im Rahmen des 6. Philharmonischen Konzert am 8. und 9. März im Konzertsaal Gera sowie am 10. März im Theaterzelt Altenburg zu hören. Es werden außerdem Robert Schumanns „Ouvertüre, Scherzo und Finale“ sowie Dmitri Schostakowitschs 5. Sinfonie erklingen.

Steffen Schleiermacher (* 3. Mai 1960 in Halle (Saale)) ist ein deutscher Komponist, Pianist und Dirigent. Als Pianist spielte er zahlreiche CDs zur Musik des 20. und frühen 21. Jahrhunderts ein.

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